"Abschalten, Ruhe genießen, Natur erleben"

Sport in Corona-Zeiten muss nicht zwangsläufig ein Online-Training sein. Gerade das Laufen bietet sich als unkomplizierte und effektive Alternative an der frischen Luft an. Kein Wunder, dass in den vergangenen Monaten viele Hobbysportler das Joggen für sich entdeckt haben. Sebastian Hucht (46), der Leiter unseres Lauftreffs "Mittwochsrunner", gibt in unserem Interview wertvolle Tipps für Einsteiger und verrät, was er am Laufen im Lockdown besonders schätzt. 

TV07: Ich will mit dem Laufen anfangen. Was muss ich beachten?

Sebastian: Einfach Schuhe an und los! Aber vor allem, wenn ich diesen Sport auf Dauer ausüben möchte, sollte ich erstmal einen Herz-Kreislauf-Check und eventuell eine orthopädische Untersuchung beim Arzt machen lassen.

Welche Ausstattung sollte ich mir zulegen?

Die Laufkleidung sollte dem Wetter angepasst sein und aus Funktionsfasern bestehen. Gute Idee: eine Laufuhr oder eine Laufapp. Das Allerwichtigste aber sind die Schuhe.

Worauf sollte ich bei den Schuhen achten?

Für jeden Fuß und jeden Laufstil gibt es den passenden Schuh. Gerade das erste Paar sollte man auf jeden Fall im Fachhandel kaufen. Dort bekommt man meistens eine kostenlose kurze Laufstilanalyse und eine individuelle Beratung – hier in der Gegend zum Beispiel bei Laufshop U. Schäfer in Gießen-Wieseck oder bei Svens Laufshop in Marburg. Wenn man dann vier Mal oder häufiger pro Woche laufen geht, sollte man mindestens zwei Paar Laufschuhe abwechselnd nutzen. Generell entscheidet die Passform - Farbe und das neueste Modell sind erstmal zweitrangig.

Wie überwinde ich meinen inneren Schweinehund?

Mein Tipp: die Laufsachen am Vorabend zurechtlegen oder mit zur Arbeit nehmen. Wer die Laufrunde als Termin in seinen Kalender einträgt, dem fällt es leichter, am Ball zu bleiben. Vor allem, wenn man sich einen Laufpartner oder einen Lauftreff sucht, um miteinander aktiv zu sein. Hilfreich ist es auch, wenn ich mir ein Wochen-Ziel setze und ein Lauftagebuch führe.

Was sind die häufigsten Fehler, die ich als Laufanfänger machen kann?

Zu viel auf einmal zu wollen. Zu schnell, zu lang, zu oft – das sollte man besser nicht machen.

Was hilft gegen Muskelkater?

Die Lauffehler vom letzten Training beim nächsten Mal besser vermeiden. Und wenn die Wade doch mal zwickt: dehnen, ausrollen und ein paar Pausentage einlegen.

Welche Tageszeit ist am besten zum Laufen geeignet?

Das ist individuell sehr unterschiedlich – manche laufen lieber früh morgens, andere nach Feierabend. Wer in der Dunkelheit unterwegs ist, sollte besonders auf Sicherheit und Sichtbarkeit achten. Und als Laufneuling trainiert man im Sommer besser nicht gerade in der Mittagshitze.

Wieviele Einheiten pro Woche bringen mich weiter?

Zum Einstieg empfehle ich dreimal pro Woche einen Lauf von etwa 20 bis 30 Minuten. Wer mit der Belastung gut klarkommt, steigert die Länge der Einheiten oder legt einen weiteren Lauftag ein. Diese Umfänge kann man nach Möglichkeit um 10 Prozent pro Woche steigern. Alle drei bis vier Wochen sollte man das Training eine Woche lang reduzieren. Bei aktiven, erfahreneren Läuferinnen und Läufern sind Training und Laufeinheiten natürlich intensiver.

Was sind die größten Pluspunkte, die das Laufen hat?

Laufen liegt in der Natur des Menschen. Der Aufwand ist sehr gering. Es funktioniert allein oder in der Gruppe, unabhängig von Geräten oder Einrichtungen. Und natürlich hält es fit und hilft bei der Vermeidung von Herz-Kreislauf-Krankheiten.

Was magst du selbst am Laufen besonders gerne?

Den Spaß an der Bewegung. Draußen zu sein, die Natur zu erleben, die Ruhe zu genießen. Abzuschalten, aber auch seine eigenen Grenzen auszutesten. Natürlich ist es auch toll, mit anderen in Kontakt zu sein, sich auszutauschen und zu messen. Das ist aktuell aber leider nur virtuell möglich und mit echten Wettkämpfen nicht zu vergleichen. Besonders gerne mag ich am Laufen, dass es fast immer und überall möglich ist. Die Laufsachen habe ich auch im Urlaub immer dabei – eine perfekte Möglichkeit, die Umgebung zu erkunden.

Wie hat sich das Laufen bei Dir angesichts der Corona-Pandemielage verändert?

Klar, Wettkämpfe und Volksläufe gibt es derzeit nicht – höchstens virtuell. Geplante Laufprojekte musste ich, so wie viele andere Sportler, verschieben. Auch ein Lauftreff ist nur sehr eingeschränkt möglich gewesen. Ich bin in den vergangenen Monaten mehr gelaufen, aber entspannter. Toll finde ich, dass ich mir bis dahin unbekannte Wege in der näheren Umgebung erlaufen habe – zum Beispiel den Dünsberg oder den Hoherodskopf.

 

Zur Person

Sebastian (46) leitet unseren Lauftreff „Mittwochsrunner“. Seit 2013 ist er passionierter Läufer. Seine Marathonbestzeit liegt bei 3:24:12 Stunden. Unter seinen zahlreichen Wettkämpfen sind ihm zwei besonders in Erinnerung geblieben. Der Hamburg-Marathon als Sightseeing-Erlebnis und der virtuelle Frankfurt-Marathon 2020 mit Zieleinlauf vor der eigenen Haustür. Als Ausgleich zum Laufsport hält sich der Pohlheimer mit Stabi- und funktionellem Training fit. Der Bauleiter in einem Betrieb für Garten- und Landschaftsbau ist verheiratet und hat eine Tochter.

 
<< zurück